© SonntagsZeitung, 7.7.2013 (PDF 1 + 2)

Im Sucher: Die beste Reisekamera

 

Die SonntagsZeitung sagt Ihnen, welches Modell perfekt zu Ihnen passt

Von Simone Luchetta

Endlich Ferien! Egal, ob es an den Strand geht, in die Berge zum Biken oder Klettern, ob man sich ein paar Tage Städteferien gönnt oder eine grosse Rundreise plant – für jedes Vorhaben gibt es die ideale Kamera. Bloss, welche passt zu Ihnen?

Angesichts des unübersichtlichen Angebots fühlt man sich beim Kauf einer neuen Kamera rasch überfordert. Wir haben deshalb aktuelle Modelle geprüft und empfehlen für fünf Einsätze je zwei Kameras. Die billigen Kompaktkameras liessen wir aussen vor, da sie zunehmend von Smartphones verdrängt werden.

Zwei Fünftel der Smartphone-Nutzer besitzen nämlich keine andere Kamera mehr, wie eine Umfrage des deutschen IT-Branchenverbands Bitkom ergeben hat; das dürfte auch für die Schweiz gelten. Und fast jeder Dritte nutzt zum Fotografieren sein Tablet. Die Möglichkeit, Fotos direkt zu bearbeiten und in sozialen Netzwerken zu veröffentlichen, machen laut Bitkom Handys zum Fotografieren so attraktiv. Das haben die Hersteller gemerkt und rüsten ihre Kameras darum zunehmend auch mit WLAN aus.

Wer indes Wert auf gute Bilder legt, sollte sich nicht auf Handys verlassen. Sie kommen punkto Bildqualität längst nicht an die speziellen Kameras heran.

→ Rundreisen

Für grosse Touren eignen sich universelle Kameras: Superzoomer oder Bridgekameras, welche die Brücke schlagen zwischen kompakten Apparaten und solchen mit Wechselobjektiven. Die Zoomobjektive decken einen extremen Brennweitenbereich ab: vom 24er-Weitwinkel bis zu 1200 mm.

Doch schrauben Sie Ihre Erwartungen nicht zu hoch: Sobald sich ein Motiv in der Ferne bewegt, ist es im Telebereich trotz Bildstabilisator fast unmöglich, es einzufangen und scharf abzubilden. Statt auf Brennweite lohnt es sich beim Kauf eines Travelzoomers deshalb, auf Kompaktheit zu achten. Auch die Detailwiedergabe ist nicht überragend, und Bildrauschen setzt schon bei ISO 400 ein. Das überrascht nicht, steckt doch im Innern ein kleiner Bildsensor der Kompaktklasse.

→ Wasser und Abenteuer

Ist Action oder Strand angesagt, geht nichts über ein simpel bedienbares, robustes Modell. Mittlerweile hat fast jeder Hersteller eine spezielle Outdoor-Kamera auf dem Markt, die Stürze von bis zu zwei Metern wegstecken soll und auch unter Wasser Fotos schiesst. Manche sind mit GPS, Höhenmesser und Kompass ausgestattet. Die Bildqualität ist in Ordnung, aber nicht überragend.

→ Städtetrip

Führt die Reise in eine Stadt, setzen wir auf die neuen Edelkompakten: Sie sind mit einem bis zu zwölf Mal grösseren Bildsensor ausgerüstet als die Kompaktknipser – so Nikons Coolpix A und die Fujifilm X100S; nur Sonys RX1 hat einen noch grösseren Vollformat-Sensor. Dazu kommt ein lichtstarkes Objektiv, weshalb die Edlen nicht billig sind. Dafür ist die Bildqualität eins a.

Manche sind mit einer – wieder angesagten – Festbrennweite ausgerüstet wie einstige Reportagekameras. Doch der fixe Bildwinkel passt nicht allen Fotografen. Wer auf die Zoomfunktion nicht verzichten will, muss Sensorgrösse einbüssen, wird aber mit einer Canon G1X auch glücklich.

→ Luxusferien

Ambitionierte Fotografen, denen Superzoomer qualitativ nicht genügen und die sich Wechselobjektive wünschen, aber keine Spiegelreflexkamera (DSLR) rumschleppen möchten, finden in den spiegellosen Systemkameras die ideale, aber etwas kostspielige Lösung. Sie sind kompakt gebaut und stehen in Sachen verbauter Technik Einsteiger-DSLRs kaum noch nach. Laut den GFK-Marktforschern in Hergiswil sind sie das einzig leicht wachsende Segment im rückläufigen Kameramarkt.

Die grossen Sensoren kommen auch mit wenig Licht zurecht, und der Autofokus ist mittlerweile fast so fix wie der von Spiegelreflexkameras. Packt man zum Reisezoom noch zwei Festbrennweiten dazu, trägt man immer noch leicht und ist für jede Situation gerüstet.

→ Fotoreise

Wenn Sie in den Ferien Tag und Nacht nur eines sind, auf der Jagd nach dem perfekten Bild, dann führt kein Weg an Spiegelreflexkameras vorbei. Sie bilden punkto Qualität und Geschwindigkeit immer noch die Königsklasse. Diverse Objektive, ein Blitzgerät und ein kleines Stativ müssen dann aber ebenfalls mit auf die Reise.

Sollten Sie sich jetzt zum Kauf einer Kamera entschieden haben, überprüfen Sie unbedingt vorher im Laden, ob sie Ihnen auch sympathisch ist. Gut Licht, und los gehts.

* umgerechnet auf Kleinbild (KB)

 

Checkliste Reisezubehör

Akku Ein zweiter aufgeladener Akku sollte auf Reisen dabei sein. Für Vielfotografierer oder Reisende ohne täglichen Zugriff auf eine Steckdose ist ein dritter oder auch vierter Akku ratsam. Preis: ab 40 Fr.

Adapter Steckeradapter bei Reisen ins Ausland nicht vergessen. Wer dauernd auf Achse ist, sollte einen Adapter für eine Autosteckdose oder einen eher teuren Solarzellen-Lader in Erwägung ziehen. Preis: ab 15 Fr.

Stativ Ein kleines Tischstativ wie Joby Gorilla Pod (Foto) sollte immer mit. Der kamerainterne Selbstauslöser oder eine Fernauslöser-App im Smartphone sind nicht nur hilfreich für Selbstporträts, sondern auch für verwacklungsfreie Aufnahmen. Preis: ab 80 Fr.

GPS Für GPS-lose Kameras gibt es GPS-Logger, die in Intervallen die Position des Fotografen aufzeichnen, um am PC automatisch die Fotos anhand des Zeitstempels mit Koordinaten zu ergänzen. Preis: ab 80 Fr.

Fernsteuerung Um eine WLAN-lose Spiegelreflexkamera fernauszulösen, gibt es WLAN-Dongles (z. B. Cam Ranger, ca. 400 Fr.), die, an der Kamera angeschlossen, Befehle via App empfangen. Einfachere Varianten wie Trigger Trap ( 40 Fr.) funktionieren per Kabelverbindung.

Speicherkarten Es empfiehlt sich, zwei, drei Speicherkarten zu nutzen, um bei einem Diebstahl nicht alle Fotos zu verlieren. Kartenetuis bewahren sie übersichtlich auf. Preis: SDHC-Karte 32 GB ab 40 Fr.

Fototasche Für Ferien empfehlen sich Taschen etwa von Crumpler (Foto), die nicht nach teurer Ausrüstung aussehen. Grosse Apparate verlangen Taschen mit Schultergurt, die man rasch vom Rücken nach vorne holen kann. Preis: ab 25 Fr.

Markus Zitt

 

Tipps zum Fotografieren und Filmen

Einstellen der richtigen Zeit Digitalkameras speichern Aufnahmezeit und -datum in den Fotodateien. Dies hilft bei der Bildverwaltung. Vor Reisen in andere Zeitzonen sollten Sie Zeit und Datum im Menü an die Lokalzeit anpassen. Kameras mit GPS können das automatisch.

Fotonotizen Fotografieren Sie Ihre Parkplatznummer und Ähnliches als Memo. Fotografieren Sie aber auch Details wie Menükarten. Solche Motive sind informatives Füllmaterial in Fotobüchern und Diaschauen.

ISO-Werte manuell einstellen Die ISO-Automatik schraubt bei wenig Licht die ISO-Werte hoch, was oft körnige Bilder ergibt. Bei statischen Motiven wählen Sie einen niedrigen ISO-Wert (z. B. ISO 100) und stellen die Kamera auf festen Untergrund. Hilfreich ist auch der Selbstauslöser.

Helligkeitskorrektur Über die EV-Korrektur können Sie die Automatik zu helleren oder dunkleren Fotos bewegen. In heller Umgebung ist das Resultat nicht immer deutlich am Kameramonitor zu beurteilen. Machen Sie mehrere Bilder mit unterschiedlicher Belichtung.

SOnnen- und Blitzlicht Der Einsatz des Blitzes kann im Sonnenlicht hilfreich sein, um eine Person vor hellem Hintergrund auszuleuchten. Stellen Sie dazu forcierter Blitz ein. Blitzlicht kann unerwünscht oder gar untersagt sein. Schalten Sie den Blitz im Programmmodus aus (durchgestrichenes Blitzsymbol im Kreis).

Filmen Kurze Clips lockern eine Präsentation auf. Räume oder auch die Stimmung samt Geräuschen lassen sich mit bewegten Bildern und Originalton besser zeigen als mit Fotos. Vermeiden Sie schnelles Schwenken oder Zoomen, überlegen Sie sich einen einfachen Bewegungsablauf und verharren Sie kurz am Anfang und am Ende einer Aufnahme.

Videonotizen Sie können die Videofunktion für audiovisuelle Notizen verwenden. Bevor Sie den Namen einer Sehenswürdigkeit vergessen, filmen Sie sie und sprechen dazu den Namen.

Markus Zitt